Die wichtigsten rechtlichen Fragen zur Finanzierungsrunde für Gründerinnen
Als Gründerin steht früher oder später die erste Finanzierungsrunde auf der Agenda. Dies ist ein entscheidender Schritt, um das Unternehmen auf die nächste Ebene zu bringen, doch gerade im rechtlichen Bereich gibt es einige Stolpersteine. Ariane Neubauer, Rechtsanwältin und Partnerin bei der Kanzlei HEUKING hat hier die wichtigsten rechtlichen Fragen rund um Finanzierungsrunden für Gründerinnen dargelegt.
Gastbeitrag von Ariane Neubauer
1. DIE VORBEREITUNGSPHASE
Ein Letter of Intent (LoI) oder Term Sheet dient als Absichtserklärung und enthält die wichtigsten Eckpunkte der Finanzierungsrunde, wie z.B. die Investmenthöhe, die Pre-Money-Bewertung oder das Vesting der Gründerinnen. Der Abschluss eines solchen Letter of Intents (LoI) oder Term Sheets ist aber nicht zwingend erforderlich.
Eine ebenfalls wichtige Vereinbarung ist das Non-Disclosure Agreement (NDA). Aus Gründerinnensicht ist der Schutz der Unternehmensinformationen durch ein NDA wünschenswert, in der Praxis ist jedoch darauf zu achten, dass nicht zu frühzeitig um den Abschluss eines NDAs gebeten wird.
2. ARTEN VON FINANZIERUNGSRUNDEN
Es gibt Wandeldarlehensfinanzierungsrunden und Eigenkapitalfinanzierungsrunden. Je nach der gewählten Finanzierungsform werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten Geschäftsanteile ausgegeben:
Wandeldarlehensfinanzierungsrunde: Ausgabe im Zeitpunkt der Wandlung
Bei einer Wandeldarlehensfinanzierungsrunde stellen Investoren dem Start-up Darlehen zur Verfügung, die zu einem späteren Zeitpunkt in Geschäftsanteile gewandelt werden. Diese Art der Finanzierung wird oft vor dem Abschluss der ersten Eigenkapitalfinanzierungsrunde und als Brückenfinanzierung genutzt und bietet Flexibilität, da die genaue Bewertung des Start-ups zunächst verschoben wird.Eigenkapitalfinanzierungsrunde: Ausgabe im Zeitpunkt der Kapitalzuführung
Bei einer Eigenkapitalfinanzierungsrunde führen Investoren dem Start-up Eigenkapital gegen Übernahme neuer Geschäftsanteile auf Grundlage der Bewertung des Start-ups zu und werden dadurch unmittelbar Gesellschafter.
3. DIE VOR- UND NACHTEILE VON WANDELDARLEHEN
Vorteile von Wandeldarlehen:
Schneller und kostengünstiger als Eigenkapitalfinanzierungsrunde
Festlegung einer Bewertung des Start-ups wird (zunächst) vermieden
Zunächst keine Verwässerung (also verminderte Beteiligungsquote) der Gründerinnen und sonstiger Bestandsgesellschafter
i.d.R. keine Änderung der Governance, keine direkten Mitspracherechte des Darlehensgebers aufgrund (noch) fehlender Gesellschafterstellung
Flexibilität in der vertraglichen Ausgestaltung
Nachteile von Wandeldarlehen:
Zinskosten (sofern Zinsen nicht gewandelt werden)
Falls keine Wandlung erfolgt, kann Rückzahlungsverpflichtung zu Liquiditätsengpass führen (kann durch entsprechende Regelung ausgeschlossen werden)
Bewertung und Ausgestaltung der Governance nur zeitlich nach hinten verschoben
Üblicherweise werden Discount und Cap vereinbart
4. TYPISCHE VERTRAGSGESTALTUNG BEI WANDELDARLEHEN
Ein Wandeldarlehensvertrag umfasst typischerweise Regelungen u.a. zu:
Darlehensbetrag und Zinsen
Laufzeit und Wandlungsmodalitäten (wann und zu welchen Bedingungen die Wandlung in Geschäftsanteile erfolgt sowie Festlegung, ob Wandlungsrecht oder Wandlungspflicht des Investors besteht)
Typische, kommerzielle Gestaltungsinstrumente im Wandeldarlehensvertrag:
Discount: Der darlehensgebende Investor erhält einen (prozentuellen) Abschlag auf die der Finanzierungsrunde zugrundeliegenden Bewertung des Start-ups
Cap: Maximale Bewertung, auf deren Grundlage die Wandlung bei der nächsten Finanzierungsrunde erfolgt. Der Cap kommt zur Anwendung, wenn die Finanzierungrunde auf einer höheren Bewertung durchgeführt wird, als die Bewertung, die als Cap vereinbart ist
5. EIGENKAPITALFINANZIERUNGSRUNDEN
Bei Eigenkapitalfinanzierungsrunden wird der Investor als Gesellschafter beteiligt und erhält neue Geschäftsanteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung. Die typischen Vertragsdokumente umfassen:
Beteiligungsvertrag (Investment Agreement): Detaillierte Regelung der Beteiligung, einschließlich Höhe der Beteiligung, Bewertung des Start-ups, Investmentbetrag, ggf. Schutz des Investors bei einer Down Round, Garantien und ggf. Regelungen zu einem Second Closing
Gesellschaftervereinbarung (Shareholders' Agreement): Regelt das künftige Miteinander der Gesellschafter, einschließlich Governance, Vinkulierung, Vorerwerbsrechte, Mitveräußerungsrecht (Tag Along) und Mitveräußerungspflicht (Drag Along), Vesting, Erlös- und Liquidationspräferenzen, Informationsrechte, Wettbewerbs- und Abwerbeverbote, ggf. Mitarbeiterbeteiligungen etc.
Gesellschaftsvertrag: Änderung der gesetzlich zwingenden Vorgaben, Regelungen zu Vorzugsgeschäftsanteilen, Vinkulierung und Zustimmungsrechte für bestimmte Gesellschafterbeschlüsse
Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und ggf. Geschäftsordnung für den Beirat
Kapitalerhöhungsbeschluss
FAZIT: VORBEREITUNG IST ALLES!
Die rechtliche Vorbereitung auf eine Finanzierungsrunde ist komplex, aber essenziell. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sollten bekannt sein, um auf Augenhöhe mit potenziellen Investoren verhandeln zu können.
Legal Sprechstunde
Jeden ersten Mittwoch im Monat bietet wir dir die Kanzlei HEUKING die Möglichkeit, all deine rechtlichen Fragen rund um deine (anstehende) Finanzierungsrunde zu stellen. HEUKING Rechtsanwältin und Partnerin Ariane Neubauer steht dir als Ansprechpartnerin zur Verfügung.